Diablo 3: Eindrücke vom offenen Beta-Wochenende

In den letzten Tagen war die Betaversion von Diablo 3 – je nach Serverauslastung (Stichwort: Stresstest) mal mehr und mal weniger – frei zugänglich für Jedermann mit Battle.net-Account. Das ist sie übrigens auch noch bis heute Abend. Hier einige Eindrücke von den auffälligsten Änderungen gegenüber dem Vorgänger und dem allgemeinen Spielgefühl.

Skills, Skills, Skills

Was zuerst auffällt, ist die neuartige Art und Weise, mit der Skills in Diablo 3 behandelt werden. Die Philosophie dahinter ist im Prinzip, dass “normale” Angriffe quasi nicht mehr stattfinden sollen und stattdessen möglichst oft spezielle Fähigkeiten. Im Vorgänger war der Standardangriff noch die Regel und wurde durch wohlüberlegten Skilleinsatz zwischendurch ergänzt. Im dritten Teil liegt der erste Angriffsskill zu Spielbeginn schon standardmäßig auf der linken Maustaste und sehr bald kommt auch der erste sekundäre Skill auf der rechten hinzu. Im weiteren Spielverlauf werden noch vier taktischere Skillslots (z.B. Gegner lähmen, verlangsamen etc.) freigeschaltet und auf den ersten vier Nummerntasten platziert. Nun gibt es aber nicht nur sechs Skills, sondern zu jedem Slot mehrere zur Auswahl, die nach und nach (inklusive spezieller Runen, die nochmal für verschiedene weitere Ausprägungen sorgen) alle freigeschaltet werden. Der Spieler kann nun zu jedem Zeitpunkt seine Skillkombination wechseln, ist also potenziell ein Alleskönner. Vielerorts wurde Kritik an dieser Art der Entwicklung geübt, da Charaktere natürlich nicht mehr wirklich individuell sind. Zwar gibt es zig verschiedene Skillkombinationen, aber es kann eben theoretisch jeder Level 20 Barbar das gleiche wie ein anderer. Für das neue System wiederum spricht der Wegfall des lästigen Min-Max-Systems aus Diablo 2, in dem es am Ende sowieso nur noch einige wenige Skillungen gab, die als optimal galten. Wer intuitiv die Skills wählte, die er für seinen Charakter gerade mochte bzw. “cool” fand, war eben innerhalb weniger Levels “verskillt” und hatte in höheren Schwierigkeitsgraden mitunter kaum Chancen. In Diablo 3 ist das Skillsystem nun – wie sämtliche anderen Bestandteile des Spiels auch – auf maximalen Spielspaß ausgelegt. Es kommt in schwierigen Passagen nun viel mehr auf das geschickte Verhalten (weglaufen im richtigen Moment, den bestmöglichen Skill zum optimalen Zeitpunkt an sinnvoller Stelle einsetzen etc.) im Kampf an. Die Kämpfe werden dadurch wesentlich interessanter, dynamischer und vor allem auch spektakulärer. Selten hat man sich in einem Spiel zuvor so mächtig und heldenhaft gefühlt wie als “Skillmonster” im neuesten Blizzard-Streich.

Spürst du den “Flow”?

Nicht zuletzt die neue Dynamik der Kämpfe zieht einen sofort in den Bann und ist an allen Ecken auf puren Spielspaß getrimmt. Gemeinsam mit dem nächsten Diablo-Markenzeichen, der Random-Item-Sammelwut,  die sich natürlich auch im dritten Teil wiederfindet, kommt einerseits wieder die möglicherweise vermisste Individualität der Charaktere ins Spiel, andererseits entfaltet sich sofort wieder die altbekannte Suchtspirale, die in Diablo 3 noch gnadenloser durchgeplant scheint als im Vorgänger. Es wird auf sämtliches überflüssiges Ausbremsen des “Gameflows” verzichtet. Ein Kampf jagt den nächsten und damit schlägt dem Spieler auch eine Belohnung nach der anderen in Form von Erfahrungspunkten, Items, Achievements (“Massacre!”, “XP Bonus” etc.) entgegen. Storyschnipsel werden zwischendurch per vorgelesener Tagebucheinträge oder kurzer(!) Dialoge eingestreut und stören den Spielablauf überhaupt nicht, sondern sind angenehm reduziert und tragen ihren Teil zur wunderbar düsteren Atmosphäre, die ansonsten hauptsächlich durch den genialen Grafikstil, der sich perfektioniert bis in jedes einzelne Menü und Icon erstreckt, transportiert wird, bei. Zumindest während des Beginns des ersten Aktes, der in der Beta spielbar ist, geht es einfach immer weiter und weiter und die Motivation nimmt nicht ansatzweise ab. Wenn es Blizzard schafft, dieses Spielgefühl über die komplette Spielzeit (und bis in höhere Schwierigkeitsgrade hinein) aufrecht zu erhalten, werden auch in Sachen Langzeitmotivation neue Maßstäbe gesetzt werden.

Totale Kontrolle

Maßstäbe setzte Diablo 2 damals im Hack-and-Slay-Genre vor allem auch in Sachen Steuerung. Jedes der seither erschienenen Action-RPGs orientierte sich mehr oder weniger am Blizzard-Standard, übertraf ihn aber kaum einmal. Somit musste es also zwölf Jahre dauern, bis Blizzard erneut zeigen kann, was Perfektion in Sachen Interface bedeutet. In Diablo 3 sind sämtliche Schaltflächen dermaßen klar strukturiert und sofort intuitiv zu verstehen, dass es trotz der Non-Stop-Action seltsam entspannend ist, sich durch die unendlichen Monsterhorden zu metzeln. Es ist ein Gefühl des “vor sich Hinspielens”, das sich entfaltet, ohne zu langweilen oder Handlungsmöglichkeiten vermissen zu lassen. Mit einfachster Maussteuerung und wenigen Tastendrücken lässt es sich großartig durch die dunkle Diablo-Welt manövrieren. Die Menüs sind gut sortiert, aufgeräumt und alle Funktionen im Prinzip selbsterklärend. Falls doch noch Unklarheiten bestehen, helfen überall Popups und Hinweise. Einziger kleiner auffallender Schönheitsfehler: Die zum Crafting beim Schmied benötigten Materialien müssen – einen wertvollen Inventarslot belegend – mit sich herumgetragen (bzw. in der altbekannten Lager-Kiste deponiert) werden. In letzter Konsequenz hätte man auch hier erwarten können, dass diese Gegenstände einfach beim Schmied gelagert und bei Bedarf direkt verwendet werden können. Die ist allerdings wirklich eine absolute Kleinigkeit, die auch nur auffällt, weil Interface und Spielmechanik ansonsten komplett auf Komfort und Loswerden von überflüssigem Ballast (Stichwort: “Ausdauer” in Diablo 2) ausgelegt sind. Und natürlich auf Konfigurierbarkeit. Wer sich beispielsweise dem kleinteiligen Zahlenwahn hingeben will, kann dies auf Wunsch trotzdem tun.

Früher war nicht alles besser

Diablo 3 ist natürlich – und wahrscheinlich zum Glück – keine Innovation, sondern schlicht Perfektion. Es hält sinnvollerweise an vielen Dingen fest, die im Vorgänger hervorragend funktioniert haben und diesen noch immer am Leben erhalten. Gleichzeitig schafft es aber auch sämtliche Unzulänglichkeiten, die das Genre teilweise bis heute verfolgen, ab und verpasst dem Spielsystem an sämtlichen noch so kleinen Ecken und Kanten einen bisher noch nie dagewesenen Feinschliff, der den Spielspaßfaktor in ungeahnte Höhen katapultiert. Wenn die am 15.05. erscheinende Vollversion das hält, was die Beta verspricht, dann bekommt die Spielerschaft einen neuen Hochglanz-Hack-and-Slay-Standard vorgesetzt, der das Zeug dazu hat, wieder mindestens zehn Jahre den Genre-Thron zu besetzen. Bis dahin: Abwarten und vorfreuen!

2 Responses to Diablo 3: Eindrücke vom offenen Beta-Wochenende

  1. Rattatui says:

    om nom nom.. jetzt hab ich Hunger. Diablo-Hunger! 😀

  2. SpiN2049 says:

    Guter Artikel, wie immer sehr lesenswert NF !

    weiter so !

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