Collectible Card Games (kurz: CCGs) sind wieder auf dem Vormarsch. Während es seit dem Übervater Magic: The Gathering nur wenige Genre-Produkte geschafft hatten, ihre eigene Nische zu finden und sich dauerhaft am Markt zu halten, so wird zuletzt immer wieder ziemlicher Wirbel um einige aktuellere Vertreter – insbesondere im digitalen Bereich – gemacht. Die Zugpferde der Bewegung sind dabei Mojangs (Minecraft) Kombination aus CCG und taktischer Rundenstrategie, Scrolls, sowie Blizzards Hearthstone, welches so ziemlich das einfältigste und innovationsärmste CCG aller Zeiten sein dürfte, jedoch dank Hochglanz-Produktion und tonnenweise “Flair” die Schäfchen ohne Ende melken wird. Allerdings stehen die beiden “Vorreiter” bei weitem nicht alleine da: Die Ascension-Macher von Stoneblade Entertainment widmen sich zurzeit ihrem digitalen CCG SolForge. Rubicon Development (Great Big War Game) arbeitet am Sammel-Taktik-Hybrid Combat Monsters. Selbst der aktuelle Multiplayer-Ableger der Ravenmark-Reihe, Merceneries, bietet Sammel-Elemente.
Eine teuflische Kombination
Eines haben alle genannten Spiele gemeinsam: Sie folgen dem Geschäftsmodell Free-To-Play (F2P). Und es ist durchaus nicht abwegig, anzunehmen, dass das Genre-Wiederaufleben vom Erfolg des Geschäftsmodells befeuert wurde und nicht umgekehrt. Sammeln und F2P passen einfach gut zusammen: Die Spieler werden durch die (zumindest finanziell) nicht vorhandene Einstiegsbarriere gelockt, woraufhin sie möglichst unmittelbar in die Sammel-Tretmühle geraten. Tatsächlich lässt es sich nicht verleugnen, dass es sich schlicht und ergreifend verdammt gut anfühlt, etwas zu sammeln und somit expliziten “Fortschritt” zu erzielen. Der Sammelmechanismus spricht ganz direkt menschliche Urtriebe an (“Jagen und Sammeln”). Daneben werden regelmäßig bewährte Skinner-Box-Methoden der randomisierten – jedoch regelmäßigen – Belohnung angewandt. Bei den CCGs in Form von “Booster Packs”. In diesen befindet sich eine zufällige Zusammenstellung von Karten, die eben mal mehr und mal weniger brauchbar sind. So weit, so perfekt die oberflächliche Sucht-Maschinerie. Doch was taugen Sammelspiele als tatsächliche Spiele (deren zentrale Qualität die individuelle Weiterentwicklung, das Dazulernen, darstellt)? Kann man durch sie – eine vernünftige Spielmechanik vorausgesetzt – prinzipiell genauso gut dazulernen wie durch jedes andere (gute) Spiel?
Sammeln vs. Lernen
Angenommen ein Spieler verliert eine Partie eines CCG, dann gibt es mehrere Möglichkeiten, warum das passiert ist. Einerseits (und das wäre die Variante, aus der tatsächlich und direkt zu lernen wäre) könnte er schlicht schlechter gespielt, d.h. die Spielmechanik schlechter zu seinem Vorteil genutzt haben als der Kontrahent. Oder anders: Er hat schlechtere Entscheidungen getroffen. Eine weitere Möglichkeit liegt jedoch begründet in der Asymmetrie der Kartendecks, denn jeder Spieler bringt ja sein persönliches Deck ins Spiel ein. Dadurch – in Kombination mit dem nie endenden Bedarf an neuem Content (denn davon leben diese Spiele), der ein vernünftiges Balancing tatsächlich unmöglich macht – wird es regelmäßig der Fall sein, dass ein Spieler von vornherein kaum eine Chance hatte. Ein mögliches Gegenargument könnte nun lauten: “Die Konstruktion des Decks gehört auch zur Strategie!” Die Frage ist nur: Wie kam es dazu, dass der Sieger ein besseres Deck hatte als der Verlierer? Hat er zuvor “besser” gespielt? In den meisten Fällen nicht. Denn wer mehr Karten hat, ist nicht zwangsläufig besser, sondern hat einfach mehr Zeit (in das “Grinden” nach neuen Karten) investiert. Oder noch schlimmer: Mehr Geld. Denn natürlich kann man die (virtuellen) “Booster Packs” auch gegen harte Euros erwerben (womit wir wieder beim F2P-Aspekt wären). Das Feedback, das Sieger und Verlierer einer CCG-Partie als Lernende bekommen, ist also – wenn nicht völlig wertlos – zumindest hochgradig verzerrt (ganz ähnlich wie z.B. bei ausgiebigen Zufallselementen, die Glück zu einem mitentscheidenden Faktor machen, weshalb nie vollkommen klar ist, welchen Anteil der Spieler selbst an Erfolg oder Misserfolg hatte). Abgesehen davon ist die Vertretbarkeit eines solchen Geschäftsmodells, das offensichtlich auf die Ausnutzung induzierten Suchtverhaltens abzielt, an sich natürlich schon mehr als fraglich.
Wer (ernsthaft) spielen möchte, wird durch Sammel-Aspekte gestört. Wer sammeln möchte, wird durch das notwendig minderwertige Spiel abgehalten. In beiden Fällen wird die Zeit der Konsumenten nicht als wertvolles Gut respektiert.
Kurzum: Spielen und Sammeln geht nicht gut zusammen!