Im Blog von Hitbox Team (Dustforce) erschien vor wenigen Tagen ein Artikel, welcher sich dafür ausspricht, Spiele nicht mit linearer Handlung zu verbinden und stattdessen – wenn überhaupt – zur Technik des (auch von mir propagierten) dynamischen Storytellings zu greifen. Ich halte ihn für äußerst lesenswert und möchte an dieser Stelle einige bemerkenswerte Zitate – als eine Art “Best-Of” – herausgreifen.
So, to adapt your story to a game, you do this: you take your amazing movie version of the story, cut it up into its individual scenes, and create a computer program that plays back the clips. You code some fun segments of gameplay that are tangentially related to some unimportant parts of the story, and then sprinkle them in between the movie scenes. […]
All you’ve done is staple gameplay onto a movie. Now, people who play this game would laugh at how poorly the narrative is presented, right? Well, no, they wouldn’t. You may be unsurprised to learn that almost all big-budget games present their narrative in that method — story, gameplay, story, gameplay, with minimal overlap.
Tatsächlich ist es der übliche Ansatz in modernen Videospielen, dem Spieler abwechselnd Storysegmente (Zwischensequenzen) und Spielsegmente (Levels) vorzusetzen. Der Grund dafür ist ganz einfach: Die beiden vertragen sich grundsätzlich nicht. Deshalb ist der einzig halbwegs vernünftige Ansatz, die beiden aus- beziehungsweise nebeneinander zu halten – und somit letztlich beiden klar getrennten Kunstformen zu schaden.
But people like these games; they have fun and they enjoy the stories. Well, I don’t mean to diminish their positive experiences. Rather, I hope to show that enormously greater experiences are possible. We have very low standards, mostly because there are such few good examples out there. This is reinforced by popular game journalism reviews, which really is just an extension of the game industry’s marketing arm, a symbiotic feel-good loop that ensures that only the most easily digestible game concepts are explored. We think what we want are movies with a dash of interactivity, when there is actually an entirely unexplored universe of possibilities out there.
Hier spricht der Autor das “Phänomen des tanzenden Bären” an: An einem Bären wäre schon die Tatsache, dass er tanzt, bemerkenswert, denn Tanzen ist nun einmal nichts, das Bären üblicherweise tun. Selbst wenn der Bär gemessen an der Kunst des Tanzens an sich also versagt, würde man ihn dafür bewundern, dass er es überhaupt tut. Ganz ähnlich verhält es sich auch mit der Betrachtungsweise von Story-Spielen: Häufig ist die Handlung hanebüchen und würde von jedem Film- oder Buchkritiker in der Luft zerrissen. Aber ein Spiel, dass sich doch eigentlich durch Interaktivität und gerade nicht passiv erfahrene Erzählung definiert (hieran sieht man übrigens, dass das auch Presse und die meisten Spieler eigentlich unterbewusst merken), kommt damit durch.
Cognitive dissonance […]
The first – and most apparent – kind is ludonarrative dissonance. What does that mean? Ludonarrative dissonance is when you watch a game cutscene where the hero laments his distancing relationship with his family, and then in the next moment, you’re driving a car over a hundred people. Ludonarrative dissonance is when a great warrior ally monologues about how cunning and fearsome he is, only in the next moment, he’s running in circles, blocking your path annoyingly, and then gets shot dead instantly. It’s when what the story says and what the player does or experiences don’t match up.
The next kind of dissonance is a dissonance of identity. […] In one moment, you are the protagonist, exploring the world and fighting enemies. In the next moment, you jump out of your body and watch your character interact with others without your control, walking and talking on their own. You’ve switched from first-person to second-person. Who are you? Are you the actor or the viewer?
The last kind of dissonance is the weird modal shift that happens every time the game awkwardly tries to switch between “narrative mode” and “game mode”. One minute you’re playing a game, the next you’re watching a movie. It breaks the immersion, reminding you constantly that you’re consuming a piece of media. Not only that, it strips away any tension and emotion that was built up during the gameplay.
Aus Linearität (der Story) und Interaktivität (des Spiels) folgen notwendigerweise Konflikte, die hier sehr schön anhand von Beispielen verdeutlicht werden. Dem filmischen Geschichtenerzähler werden wichtige Werkzeuge seiner alltäglichen Arbeit genommen: Der Spieler kann nicht vollständig kontrolliert werden (es sei denn das System entledigt sich, wie beispielsweise Heavy Rain, seines Spielseins beinahe vollkommen) und daher die erzählerische Konsistenz schlicht und ergreifend vernichten. Darüber hinaus werden dem spielergesteuerten Avatar nicht selten – völlig uninteraktiv – Handlungen oder gar Charaktereigenschaften aufgezwungen, ob es dem Spieler passt oder nicht. Im Zusammenhang damit steht auch der extreme Bruch zwischen Spiel und Zwischensequenz, der immer wieder explizit den Spielfluss unterbricht und damit seinerseits die (zumindest unterbewusst) wahrgenommene Qualität des Systems schmälert.
The first kind is what I call the explicit story. It’s what games are about. […] How can we extend these principles to the entire story of the game? Well, it’s hard. […] Maybe the linear, scripted, cinematic story just isn’t a great format for games.
Hier geht der Artikel nicht weit genug. Es ist nicht nur schwer, sondern – unter der Prämisse, dass Konsistenz und künstlerischer Wert maximiert werden sollen – unmöglich.
What I mean is, instead of having any scripted elements at all, we let the explicit story describe the player story. We let the plot, climax, and characters all emerge from what the player experiences. In short, the story describes what the player did, instead of what the player needs to do.
Damit wären wir wieder bei dem von mir als “dynamisches Storytelling” bezeichneten Konzept.
Der Artikel von Terence Lee ist tatsächlich großartig und unbedingt lesenswert. Wenn auch richtig schön lang 😉
Leider finde ich die Auswahl Deiner Zitate problematisch. Deine Auswahl sind eher die Zusammenfassungen, und die Teile die Deine bisherigen Ansichten bestätigen, die Deinen “Kreuzzug” gegen gescriptete Story unterstützen.
Dabei liefert der Artikel so viel mehr… Terence Lee bringt Beispiele, in denen das Storytelling in Spielen zusammenbricht, zu den erwähnten Dissonanzen führt. (Die die Zitate unterstützen, und eigentlich erst mit Leben füllen). Aber auch Beispiele, in denen die Story mit dem was der Spieler macht zusammenfallen; nicht nur im Bereich “dynamisches Storytelling”.
Der Text ist natürlich ein Artikel, noch lange kein Lehrbuch – trotzdem sehe ich dort Ansätze um die Qualität von Spielen mit viel Story zu verbessern. Vermutlich wird man noch eine Menge ausprobieren und diskutieren müssen, aber das ist eben der Punkt bei Ansätzen…
ps. Spiel ist hier immer im weiten Sinn verwendet.
Eben weil er “richtig schön lang” ist, habe ich eben die zusammenfassenden Teile herausgegriffen. Wenn ich jetzt noch alle Beispiele mit zitiere, dann kann ich gleich einfach nur den Link posten. 😉
In der Tat unterstützt der Artikel meine Ansicht, dass lineare (filmische) Story und Spiel nicht miteinander funktionieren. Die definierende Eigenschaft von Spielen liegt in der Interaktivität und daher gilt es, eine dynamische Story zu erzählen und die Interaktion eng an die Handlung zu knüpfen. Das Beispiel, das er anbringt, das die natürlichen Schwächen des linearen Story-Spiel-Formats weniger schwerwiegend aufkommen lässt, ist Portal. Portal ist nun ein äußerst lineares Puzzle mit wenig spielerischer Freiheit, wodurch natürlich einige Probleme vom Tisch sind. Jedoch längst nicht alle.
Kleines Beispiel (Zitat von Dasick): “In Portal 2, there’s a point where you and Wheatly get separated. During the next couple of puzzles, while Glados is doing her catty remark thing, you can catch glimpses of Wheatly trying to get back to you. BUT here is the thing – you can catch a glimpse of him. But because the player has the control of the camera, that’s not guaranteed. So if you’re looking the room over or otherwise not pointing the camera in the right direction, you will miss him. He does it a couple of times, so it’s not likely (although possible) that you will miss his appearances completely, but doing so earlier makes for a better story because stronger foreshadowing. This is the best example I can think of where moving and looking around can hurt a story being told.”
Ich denke, der Artikel macht schon sehr deutlich, dass er keine brauchbare Zukunft für die Kombination aus filmischer Story und Spiel sieht. Er formuliert es vielleicht diplomatisch, aber die Argumente sprechen doch eine eindeutige Sprache und führen letztlich nur auf einen Weg, der von diesem Ansatz weg führt. Daher auch die Positivbeispiele am Ende, die allesamt keine Story im klassischen Sinne enthalten und allesamt den Spieler und seine Interaktion ganz allein ins Zentrum stellen und seine Bedeutsamkeit auch zu keinem Zeitpunkt schmälern. DAS ist es, was Spiele zu Spielen macht und DAS ist es, was es zu erforschen gilt, wenn man am Fortschritt der Kunstform interessiert ist.
Die Negativbeispiele stammen durchwegs aus dem AAA-Bereich. Wenn in den letzten Jahren eine Produktion Millionen verschlungen hat, dann hatte das unweigerlich den Effekt dass es spielerisch uninteressant geworden ist. Das heißt, dass wir die Alternativen abseits suchen müssen.
Positivbeispiele für erzählte Stories könnte man in der “Visual Novel” Ecke finden. VNs werden nur von wenigen Leuten gespielt, dementsprechend gering sind auch die Resourcen für die Produktion. Dennoch haben VNs typischerweise mehr als einen Erzählstrang, mehr als ein Ende, und der Spieler entscheidet wo es langgeht. Meist sind in VN nur wenige Puzzle-, Sandbox- oder Spiel-elemente enthalten, deswegen sind sie vermutlich nicht im Fokus der meisten Spieler. Vom Aufbau könnte man dort aber lernen. Es gibt im VN-Bereich Proteste, wenn eine VN dem Spieler nur “unwichtige” Entscheidungen überläßt – solche welche den Pfad nur vorrübergehend und unwesentlich verändern.
Ich will gar nicht “dynamisches Storytelling” runtersetzen, in vielen Fällen klappt das hervorragend. Eine vordefinierte Story ist nicht notwendig. Sie ist aber auch nicht per se negativ, man muß sie nur richtig in das Spiel integrieren. Und man muß eben auch dem Spieler die Freiheit lassen, in die Richtung zu gehen in die er gehen will. Und wenns ein AAA-Titel ist, dann auch für alle Pfade aufwendige Filesequenzen produzieren.
Wahrscheinlich würde die Story viel VIEL weniger Filmsequenzen haben, und mehr durch das Gameplay erzählt werden. Nicht nur weil Sequenzen für x Pfade teuer sind, sondern auch wegen dem Effekt den Terence Lee schön beschrieben hat: Bei Zwischensequenzen entspannt sich der Spieler, selbst wenn die Handlung hochdramatisch ist. Damit muß man umgehen lernen. Aber so wie wie der Spannungsbogen in einem Roman oder Film Zwischenhochs hat, danach wieder abfällt, dann wieder ansteigt bis zum Höhepunkt um nach der Auflösung abzufallen (das ist jedenfalls das Ziel), so kann man dem Spiel auch einen Spannungsbogen zuordnen. Das heißt allerdings, dass die Filmsequenzen nicht an den hochdramatischen Entscheidungspunkten sein dürfen, sondern ihren logischen Platz danach haben – dort ist nämlich die Phase in denen kurzfristige Entspannung angesagt ist. (Was auch gut mit der Forderung zusammenpaßt, dass der Spieler wichtige Entscheidungen selbst treffen will.) Kurzfristig schreibe ich deshalb, da vermutlich eine lange Zwischensequenz automatisch die Spannung zu sehr verringert.
Das alles müßte natürlich erst ausgetestet werden… die Story aus Spielen zu verbannen weil die typischen Titel die Integration schlecht durchführen halte ich jedenfalls für falsch.
Das würde ich so direkt nicht mal unterschreiben. Spielerisch uninteressant wurde es eben notwendigerweise, wenn sich auf das Erzählen einer linearen Story konzentriert wurde. Ein Millionenbudget geht damit zwar oft einher (Content ist teuer) und sorgt für eine verzerrte Wahrnehmung des Mediums Spiel (es gibt die “kleinen” Indies und eben die “richtigen” Spiele), ist aber nicht zwangsläufig damit verknüpft. Siehe Civilization.
Visual Novels sind genauso weit von Spielen entfernt wie Heavy Rain oder The Walking Dead. Die sind sich ihrem Dasein als Nichtspiel viel bewusster als der Single-Player-Modus von Call of Duty oder Gears of War. Deshalb funktionieren die auch besser. Die Interaktion wird da quasi komplett rausgenommen und beschränkt sich in der Regel auf die Auswahl des nächsten Storyabschnitts, den man erzählt bekommen möchte. Klar ist es sinnvoller, den Storypfad wirklich beeinflussen zu können und nicht nur marginal (Mass Effect?). Aber im Endeffekt sind diese System (VNs, Heavy Rain, TWD) doch aus spielerischer Sicht nicht für Fortschritt gut. Die Interaktion ist im Prinzip die gleiche wie mit einem DVD-Player, nur dass ich zwischendurch öfter mal wähle, welche Szene ich als nächstes sehen möchte. Das ist aus spielmechanischer(!) Sicht völlig uninteressant. Übrigens: Je nachdem wie viel Simulation in so einem VN stattfindet, könnte man durchaus von dynamischem, an das Spielsystem gebundenes, Storytelling sprechen. King of Dragon Pass enthält ausschließlich vordefinierte “Story-Stückchen”, die aber in unendlich vielen Kombinationen zusammengesetzt werden können. Das ist einfach eine explizitere Variante des dynamischen Storytellings (im Gegensatzu zum im Artikel erwähnten Journey, das ohne deine eigene Kreativität erstmal gar nichts erzählt) und nicht so weit davon entfernt.
Ein Problem, das ich mit VNs oft habe ist, dass man – sofern einen die anderen möglichen Ausgänge interessieren – gezwungen ist, die Story zu wiederholen. Und beim zweiten Durchgang hat man eben schon keinen 100% neuen Content mehr (was für eine Story nahezu immer schlecht ist). Und beim dritten noch weniger.
Das wird ja mit linearem(!) Storytelling gerade nicht gehen, jedenfalls nicht ohne die im Artikel angesprochenen Dissonanzen zu produzieren. Entweder du lässt ihm Freiheiten und lebst damit oder du schiebst ihn weitestgehend auf Schienen durch die Welt und erzählst dafür eine konsistente Story, möglicherweise auch mit mehreren möglichen Verläufen. Dynamisches Storytelling ermöglichst es dir, die Handlung auf die Interaktionen reagieren zu lassen. Der Spieler wird die “fehlenden Puzzleteile” (natürlich hat eine dynamische Story hinterher betrachtet nie die Story-Qualität einer linearen) ausfüllen, denn er ist es in solchen Systemen ja ohnehin gewohnt, freie Entscheidungen zu treffen, also kreativ zu werden. Und da kommt eben das “Spiel ins Spiel”. Die Interaktion ist doch gerade das Besondere und sollte an sich(!) interessant sein.
DIE Form der Story, wie sie von typischen Titeln erzählt wird, gehört verbannt. Nicht Story im Allgemeinen.
Ich hasse es, eine Diskussion über Nomenklatur zu führen, aber an diesem Punkt fürchte ich dass ich eine beginnen muß…
Zunächst mal: Das bezieht sich alles auf das was Terence Lee eine “explicit Story” nennt. Die teile ich mal folgendermaßen ein:
Lineare Story. Wie ein Roman oder Film. Ich denke wir sind uns einig dass das dem Spiel nicht gut tut.
Verzweigte Story. Beispiel sind die meisten VN. Die Story hat mehrere Pfade, gekennzeichnet dadurch, dass der Autor (Spieldesigner) jeden Pfad konstruieren kann, und testen kann. (D.h.: Wenn der Spieler so entlang läuft, was sieht er, was hört er, was für Gefühle löst das aus)
Prozedurale Story. Viele Storystücke, die nach Regeln (=prozedural) zusammengesetzt werden. Der Autor kann die Stücke testen, und einige Wege, aber nicht mehr jeden einzelnen Weg. Trotzdem hat das Geschehen eine Aussage jenseits von “irgendwas zufälliges kommt rein, der Spieler wehrt es ab”. Wahrscheinlich würde King of Dragon Pass da rein fallen, das Spiel kenne ich nicht. Hier gibt es interessante Ansätze von Startups, z. B. Sui Generis von Bare Mettle (mal sehen wann die fertig sind… der Kickstarter war vor einem Jahr.)
Keine Story: Zufällige oder Prozedurale Ereignisse, die nicht explizit dem Spieler eine Geschichte erzählen sollen. Tetris ist ganz klar drinnen, aber auch Dwarf Fortress würde ich hier sehen.
Wo würdest Du Dein dynamisches Storytelling ansiedeln?
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Die verzweigte Story ist das was ich in meinen vorigen Kommentaren gemeint habe. Das ist die Art von Story die durchaus ihre Berechtigung haben kann. Das ist die Art von Story, wo ich gerne sehen würde was ein AAA Team mit Mut (sofern sich das nicht ausschließt) daraus macht.
Die verzweigte Story hat gegenüber der prozeduralen einen Riesenvorteil: Der Autor kann die Texte schleifen, bis sie zu der Szene 100% passen, während prozedurale Texte immer irgendwie “generisch” wirken. Genauso die Filmsequenzen, in denen alles aufeinander abgestimmt werden kann (siehe Terence Lee) anstatt eine Mischung mehrerer zufällig zusammenkommender Elemente.
Wie schon weiter oben ausgeführt, müssen die Angelpunkte der Story in den Bereich geschoben werden in dem der Spieler aktiv spielt (oder meinetwegen puzzelt oder contestet), nicht in den Bereich in dem die Cutszenen aktiv sind. (Spannungsbogen, auf den Du nicht eingegangen bist.) Die verzweigte Story hat auch den Vorteil, dass wegen der vielen Pfade nicht ein Pfad mit massenhaft Filmsequenzen zugepflastert werden kann – das sorgt hoffentlich dafür dass mehr nachgedacht wird wo die Story für das Gesamtwerk wichtig ist, und wo nicht.
Allerdings glaube ich nicht, dass aus “weniger ist besser” ein automatisches “gar keine Story ist am besten” folgt. Das klappt bei Tetris, das klappt auch bei Dwarf Fortress und massenhaft anderen Titeln. Aber das Feld ist weit genug damit auch Spiele mit Story ihren Platz haben.
Dynamisches Storytelling kann prozedural sein (Dwarf Fortress mit seinen seitenweise generierten Mythen, Sagen und historischen Ereignissen) oder auch nicht (King of Dragon Pass enthält ausschließlich vorgefertigte Ereignisse). Wichtig ist, dass die Story in irgendeiner Weise explizit erzählt wird (also nicht allein dem Spielerkopf entspringt), denn sonst erzählt einfach jedes Spiel (sogar jede menschliche Handlung) “eine Geschichte”, sowie, dass die Handlung direkt auf den Spieler und seine Interaktion mit dem Spielsystem reagiert (Beispiel: Wenn du bei King of Dragon Pass durch Krieg gegen die Biest-Menschen (=Spielmechanismus) den Chaos-Gott verärgerst, dann kann es sein, dass er dir droht (=explizites Story-Ereignis); falls du das ignorierst (=Spiel), kann es sein, dass er dich vernichtet (=Story); falls du ihm jedoch einen Schrein baust und ihm Opfer bringst (=Spiel), dann lässt er dich wahrscheinlich in Ruhe). Eine verzweigte Story, die aus mehreren linearen Handlungssträngen zusammengesetzt ist, reicht da also nicht aus. Wenn ein Spiel NUR aus Storyentscheidungen besteht, dann gibt es ja gar keine Spielmechanik, dann würde ich das gar nicht mehr als Spiel bezeichnen.
Ausführlicher und anhand vieler Beispiele beschreibe ich das hier ab Seite 2: http://www.gamersglobal.de/user-artikel/spiele-als-geschichtenerzaehlendes-medium
Es stimmt, dass prozedurale Texte generisch wirken. King of Dragon Pass mit seinen explizit verfassten Texten jedoch keinesfalls. Natürlich ist es dadurch auch schneller erschöpfbar, aber immer noch deutlich wiederspielbarer als lineare Storyspiele. Bei guter prozeduraler Generierung greift aber auch das Spielerhirn ein und füllt die “Zwischenräume”. Die generierten Stücke wirken dann wie die Grundlage, die Säulen auf denen im Spielerkopf dann die gesamte Geschichte entsteht. Dwarf Fortress funktioniert in dieser Hinsicht schon extrem gut (gerade im Adventure-Modus in Kombination mit den Mythen, die ja bislang leider nur spielextern mit einem Zusatztool angesehen werden können, aber das ist einfach dem für dieses Spiel immer noch “frühen” Entwicklungsstadium geschuldet). Viele Leute schreiben da ja halbe Romane auf.
Zum Vorteil der “verzweigten Story”: Ich habe da das Problem, dass der Autor eben wenn er alles 100% passend gestalten will, die perfekte Auflösung für jede Teilhandlung haben will, die perfekt abgestimmten Vor- und Rückgriffe etc., dann würde er EINE Story schreiben, so wie er sie für am besten hält. Es ist der Job des Autors, die beste Fassung herauszuarbeiten. In einer verzweigten Story muss nun quasi “alles zu allem” passen. Da wird es zwangsläufig qualitative Abstriche geben. Zudem gibt es natürlich das Problem des “verpassten Contents”, das ich schon erwähnt habe.
Mehr zum ersten Punkt (am Beispiel The Walking Dead) findet sich hier: “Here’s a good example of what I’m talking about with ‘focus’: this interesting exchange between Lunatic Fringe and newdarkcloud and how the story is better in one case and worse in other. The audience is potentially missing a lot of story-important details, and it’s not telegraphed like ME’s ‘explore’ option for asking questions and stuff. But then, if a story is stronger without a certain detail, why even give the audience the choice to see it? I’m not even talking about the big choices, which effectively split the story into two streams and require the writers to focus on writing ‘two (MORE) stories’ instead of just one GREAT story.”
Zu Zwischensequenzen: Die halte ich ohnehin für ziemlich fragwürdig. Wenn dem Spiel die definierende Eigenschaft geraubt wird (Interaktivität), dann ist das immer äußerst gefährlich und funktioniert nur selten zum Vorteil des Mediums.
Zumindest lineare Storyelemente in einem nicht-linearen Spiel schon. Und mit nicht-linear meine ich hier nicht eine verzweigte Story, sondern eben interaktive Spielmechanismen, die der Spieler mit mehr als 0% Freiheit beeinflussen kann.
Sorry, hier noch ein Nachtrag:
Ich habe vergessen, Deinen Verweis auf die kognitiven Dissonanzen zu kommentieren: Ja, solche Dissonanzen stören das Spielerlebnis, und machen das Gesamtwerk schlechter. Weswegen man auf solche Dissonanzen achten muß, und alle Stellen ändern an denen sie auftreten. Was auch nicht heißt, dass man ratzeputz alle Storyelemente rauswerfen muß, es geht auch weniger radikal.