Eine weitere Kritik an der Kritik. Diesmal am IGN-Review zu Destiny 2.
Begrüßt werden wir in der Video-Rezension nicht etwa vom Tester selbst, sondern zunächst von Dominus Ghaul. Seinem Namen entsprechend handelt es sich bei dem breitschultrigen Stahlschrank (der etwas an einen Space-Marine erinnert, dem beim Anpinseln seiner Rüstung die Farbe ausgegangen ist) natürlich um den Bösewicht des Titels. Entsprechend raunt er uns auch gleich ein tiefer gepitchtes “Willkommen in einer Welt ohne Licht!” entgegen. Wow! Einfach sowas von richtig böse, der Kerl!
Nachdem uns das folgende Vorabfazit wissen lässt, dass es sich bei Destiny 2 um einen Shooter mit Geschichte handelt, in dem es viel zu tun gebe, wird uns unser Freund Dominus sogleich als “exzellenter Antagonist” verkauft, dessen “Grausamkeit unseren Zorn verdient hat”. Respekt! Ganz offensichtlich hat der Rezensent die gleiche Universität für prätentiöse Rhetorik besucht wie der grimmige Domi selbst.
Und wenn wir schon bei bedeutungsschwangeren Nichtigkeiten sind, können als nächstes auch gleich die Zwischensequenzen gelobt werden, in denen die Charaktere doch tatsächlich mal Trauer und mal Entschlossenheit anklingen ließen. Zieh dich warm an, Hollywood!
Im Anschluss werden vor allem Grafik und Szenerie gelobt. Der Spieler werde “ermutigt”, sich selbige ganz genau anzuschauen, da er gezwungen sei, die Spielwelt in gemäßigtem Tempo zu Fuß zu erkunden. Das ist der moderne Videospieler gewohnt. In jedem AAA-Titel steckt eine Portion Walking Simulator.
Doch genug des Geplänkels, denn jetzt geht es ums Gameplay, welches als stark verbessert gegenüber dem Vorgänger angepriesen wird. Und siehe da: Bestimmte Feinde sind anfällig gegen bestimmte Schadenstypen? Diese als “Spieltiefe” glorifizierte Fassung klassischer Kleinkind-Holzsteckrätsel (“Nein, Fritzchen, das Eckige muss ins Eckige!”) haben wir nun wirklich in noch keinem anderen Videospiel erlebt. Und in Shootern schon gar nicht! Gell, Gearbox?
Schlag auf Schlag geht es weiter mit dem nächsten Highlight: Die “Seelen der Gefallenen” verlassen deren leblose Körper nach einem Kopfschuss. Das könnte man visuelles Feedback nennen, der Rezensent bevorzugt jedoch die Bezeichnung “angenehme Salve der Bestätigung” und zeigt dabei nicht einmal leiseste Anzeichen eines drohenden Lachanfalls. Der absolute Wahnsinn – im wahrsten Sinne!
Der nächste Hype gilt der guten alten Loot-Suchtspirale, die den Avatar im Spielverlauf stärker und stärker werden lässt. Hach, Machtfantasien! Wer liebt sie nicht? Im Zuge dessen erledigt sich das vermeintlich “belohnende Puzzle” rund um die richtigen Ausrüstungs- und Skill-Kombinationen dann auch gleich von selbst. Grinden, looten, Taschenrechner oder Internet-Guide bemühen, fertig.
Doch, oh Schreck! Nach all diesen bestens begründeten Lobeshymnen birgt das Review dann tatsächlich auch einige Kritikpunkte. Aber Glück gehabt, es geht lediglich um Bagatellen. Teams finden sich auf zu großen Multiplayer-Karten nicht, zentrale Spielsysteme werden nicht erklärt und Online-Partien können ohne Konsequenzen verlassen werden, wodurch den Mitspielern im Handumdrehen jeglicher Spielspaß verdorben werden kann. Kleinigkeiten eben, nicht der Rede wert!
Die Gesamtheit der vorgebrachten Argumente lässt nur ein Fazit zu: Destiny 2 ist ein Wahnsinnsspaß dank “exzellentem Koop-Shooter-Gameplay” und “großartigem Storytelling”. Die Erwähnung des Letzteren erfordert übrigens natürlich erneut eine Einblendung von Spitzbube Domi bei einer seiner fiesesten Sklaventreibergesten. Wahrhaft ein Symbol tiefschürfender und subtiler Narration. Ganz offensichtlich verdiente 8,5 Punkte. Prädikat: “Großartig”.
“Rejection. Ridicule. Torment. It made me stronger.”
(Dominus “Evil Domi” Ghaul)
Tolle Idee, sehr schöner Text, hab sehr gelacht 🙂