Sky und der Preis der Freundschaft

“Hand in hand, take flight across seven realms, solve mysteries, help others, make friends, and create enriching memories together.”

2012 veröffentlichte thatgamecompany Journey und wird dafür bis heute mit Recht gefeiert. Schließlich handelt es sich um einen Vorreiter der Ausprägung von Spielen als interaktiv erfahrbare narrative Erfahrung. Nun erschien mit Sky: Children of the Light der Quasi-Nachfolger zunächst für iOS. Wieder wird eine intensive emotionale Erfahrung versprochen, diesmal mit einem größeren Fokus auf den Multiplayer.

Tatsächlich ist Sky auf den ersten Blick im Grunde schlicht ein breiter angelegtes Journey. Statt einer klar gerichteten Reise bekommen es Spieler diesmal mit relativ offenen Arealen zu tun, die – teils mehrfach – erkundet werden wollen. Die Fortbewegung durch die ästhetisch wieder über jeden Zweifel erhabenen Levels ist sehr dicht am Vorgänger. Es wird Energie zum kurzzeitigen Fliegen benötigt, die sich nur an bestimmten Punkten aufladen lässt. Wer in Gruppen mit zufällig in der gleichen Level-Instanz befindlichen Mitspielern reist, hat es leichter.

Größte Neuerung sind in diesem Zusammenhang wohl die ausgebauten Social Features. Zahlreiche Gesten, Outfits und Stimmen sollen es Spielern ermöglichen, sich in der Sprache des Spiels auszudrücken und so miteinander zu kommunizieren. Langfristige Freundschaften lassen sich formen und – frei nach Raph Kosters “Trust Spectrum” – mit der Zeit über gemeinsame Gesten aufleveln.

Aber nur, wenn du es dir leisten kannst…

Doch an dieser Stelle bekommt die so offensiv von positiver Interaktion geprägte Spielwelt einen gewaltigen Riss in Form ihres Free-to-play-Geschäftsmodells. Das Spiel ist kostenlos zu haben. Im In-Game-Shop werden “Kerzen” über Mikrotransaktionen verkauft. Diese stellen eine Währung dar, die sich ohne Echtgeldeinsatz nur sehr mühsam ergrinden lässt, die aber benötigt wird, um Freundschaften zu schließen, zu vertiefen und sich in angemessenem Umfang ausdrücken zu können.

Und schon ist die – gerade im Kontext der heutigen Spielelandschaft – so erfrischend menschliche Grundausrichtung des Spiels korrumpiert. Geld regiert mal wieder die Welt. Und die intendierten Botschaften über Zuneigung und Mitgefühl werden entsprechend extrinsisch verdreht:

  • “Freunde kriegst du nur über materielle Zuwendungen!”
  • “Hast du viel Geld, kannst du problemlos viele tiefgreifende Freundschaften aufbauen!”
  • “Hast du wenig Geld, bist du ein ausdrucksarmer Wicht, der keine Zuneigung verdient hat und sich echt anstrengend muss, um überhaupt ein paar wenige seichte Kontakte zu pflegen!”

Gerade weil Journey so emotional einfühlsam daherkam wie kaum ein anderes Spiel, ist das natürlich einerseits sehr schade. Andererseits lässt Sky sich aber auch als nützliches Lehrbeispiel begreifen. Denn letztlich demonstriert es wohl unabsichtlich, doch deshalb keinesfalls weniger eindrücklich, wie leicht sich jede noch so positive Botschaft über Liebe, Freundschaft und Gemeinschaft im Lichte eines ausreichend zynischen Geschäftsmodells in ihr toxisches Gegenteil umkehrt.

Wie wirkungsvoll wäre es, wenn thatgamecompany ihr Werk in ein paar Wochen als satirisches Experiment offenbarten? Wie würden sich IGN und Konsorten damit fühlen, ein bewusst unmenschliches und toxisches Design so positiv bewertet zu haben? Und wie viele Spieler könnten angesichts der Omnipräsenz ähnlicher Geschäftsmodelle von sich sagen, davon überhaupt etwas bemerkt zu haben?

Leider werden wir das wohl nicht herausfinden…

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