In der Community seinerzeit gefeiert, doch von Spieleentwicklern allem Anschein nach weitgehend unbemerkt, erfand Zach Gage für Pocket-Run Pool im Jahre 2018 einen ganz besonderen Spielmodus.
Die sogenannten “Insta-Tournaments” bauen auf dem etablierten Konzept der “Daily Challenges” auf, bei denen alle Spieler eines Singleplayer-Spiels pro Tag einen Versuch bekommen, den täglichen “Seed” – d.h. ein für alle Spieler gleichsam zufallsgeneriertes Match – zu spielen und ihre Ergebnisse zu vergleichen. Zum Tageswechsel wird dann die Rangliste für den vergangenen Tag eingefroren und die nächste Partie generiert.
So versuchen Spieler auch in Pocket-Run Pool, nach einem zufällig vorgegebenen Eröffnungsstoß den Billiardtisch abzuräumen. Doch mit seinen Sofort-Turnieren trieb Gage die Idee der gemeinsamen Seeds auf die Spitze. Spieler wurden nicht pro Tag alle in einen Topf geworfen, sondern – je nach Aktivität – in Minutenabständen. Immer wieder wurden für kleine Gruppen aus teils nur ein paar wenigen Spielern Turniere samt Ausgangssituation und Abschlusstabelle generiert.

Alle paar Minuten ein Turnier, da kommen einige Racks zusammen.
Dynamischer Schwierigkeitsgrad mal anders
Nun könnte man meinen, dass dieser konzeptionelle Kniff nicht nur die Frequenz des Feedbacks um ein Vielfaches erhöhen, sondern auch ganz neue Design-Möglichkeiten aufmachen müsste.
Allerdings hat es anderthalb Jahre gedauert, bis die Idee dank Arnold Rauers in Maze Machina und dessen “Challenge”-Modus überhaupt wieder aufgegriffen wurde. Zwar werden diesmal keine Billiardtische generiert, sondern eine Reihe taktisch anspruchsvoller, kachelbasierter Roguelike-Levels, doch das Prinzip ist das gleiche.
Allerdings wird in Form eines Rangsystems noch eine Meta-Ebene über den Turnieren selbst aufgemacht. Mit jedem Turnier gewinnen oder verlieren Spieler je nach ihrem Abschneiden Rangpunkte. Anhand ihres Gesamtranges werden sie jenseits der Turniertabellen in ein globales Leaderboard einsortiert. Das ist zunächst kein sonderlich komplexer Überbau, doch er deutet an, dass mit dem Konzept der Solitaire-Turniere noch mehr möglich wäre.
So könnte es etwa eine echte Alternative zum zwar effektiven, aber im Design und den Details der Umsetzung aufwändigen Singleplayer-Matchmaking sein. Spieler nicht nur in bestimmten Zeitintervallen, sondern auch anhand ihres Ranges in Gruppen einzuteilen, fordert sie entsprechend ihrer Fähigkeiten und sorgt für eine akkurate Abbildung ihres Skills in der Turniertabelle.
Vorteile: Akkuratesse und Granularität
Ein großer Vorteil dieser Vorgehensweise: Der Schwierigkeitsgrad wird nicht nur auf den Rang des Spielers angepasst, sondern auch auf die Varianz der zufallsgenerierten Partie. Wird hin und wieder ein Ausreißer generiert, ist das kein Beinbruch, denn die anderen Turnierteilnehmer haben die gleichen Voraussetzungen. Ist eine Partie etwa besonders schwer, werden viele Spieler nicht sonderlich gut abschneiden und entsprechend vergleichsweise “schwache” Ergebnisse ausreichen, um oben mitzuspielen.
Matchmaking anhand eines reinen Singleplayer-Elo-Systems hat gerade in diesem Bereich gewisse Schwächen, da es besagte Schwankungen im Schwierigkeitsgrad zwischen den Partien selbst algorithmisch erkennen und seine Zielvorgaben daraufhin anpassen müsste. Dabei handelt es sich – insbesondere für “nur” ein Meta-Game-Feature – um ein so komplexes Unterfangen, dass es bislang gar nicht erst versucht wird. Die Freiheiten des Zufallsgenerators nun stark einzuschränken, sorgt zwar für faire Herausforderungen, resultiert jedoch in einer an Abwechslung ärmeren Spielerfahrung. Kein leichter Balanceakt.
Ein weiterer Vorteil der Sofort-Turniere liegt in ihrer Granularität. Natürlich sind sie abhängig von einer aktiven Spielerschaft. Ist diese jedoch vorhanden, können prinzipiell Gruppen beliebiger Spielstärke – und somit beliebig kleiner Unterschiede in selbiger – zusammengestellt werden. Somit lassen sich viel exaktere Schwierigkeitsgrade abbilden als auf einer starren Solitaire-Ladder, deren Rangstufen nicht nur akkurat vorhergesehen, sondern auch in kleinteiliger Handarbeit implementiert werden müssen.
Ein Shortcut mit Potenzial
In gewisser Weise lassen sich die “Insta-Tournaments” also als Design-Shortcut verstehen: Singleplayer-Matchmaking anhand von Multiplayer-Daten. Die Schwarmintelligenz der Community liefert den Input, um die richtigen Herausforderungen für den Einzelspieler zu finden. Clever!
Ein möglicher Wermutstropfen besteht wie so oft in der qualitativen Sortierung von Menschen anhand von Tabellen. Möglicherweise ließen sich die gesammelten Daten in einem Zwischenschritt abstrahieren und die Verknüpfungen von Ranglistenplätzen zu Spielern gänzlich lösen. Für den Spieler sähe dann alles nach “normalem” Singleplayer aus. Andererseits lässt sich ein Wettkampf kaum neutraler einrahmen und indirekter austragen als in den genannten Beispielen. Vom “Megakill” sind wir glücklicherweise weit entfernt.
Schön wäre es jedenfalls, wenn nicht wieder Jahre vergingen, bis Game-Designer weiter in diese Richtung experimentieren. Das Potenzial ist da.