Gefangen im Content-Strom

Mark Brown betreibt mit Game Maker’s Toolkit einen der besten Gaming-YouTube-Channels. Immer wieder macht er einem breiten Publikum Game-Design-Prinzipien zugänglich und erläutert, warum bestimmte Spiele funktionieren und andere nicht.

Das gilt grundsätzlich auch für sein oben verlinktes Video “How to keep players engaged”. Brown läuft in eine lobenswerte Richtung los, indem er klar stellt, dass er eben nicht über all die psychologischen Druckmittel reden möchte, die die moderne Videospielelandschaft dominieren:

“I won’t be talking about games that use psychological tricks like Skinner Boxes, daily rewards, resource decay, loss aversion, and the like.”

Verantwortungsbewusste Designer sollten sich dieser Mechanismen nach Browns Ansicht nicht bedienen. So weit, so gut!

Als es an die positiven Gegenbeispiele gehen soll, folgt dann allerdings ein recht ausführlicher Part zu den Themen Pacing und Content am Beispiel Uncharted:

“What you’ll notice is that Naughty Dog swaps between these pillars constantly, never lingering on one type of gameplay for too long. And what that means is, as soon as you start to get bored of, say, shooting enemies, the game will switch to something else entirely and hopefully regain your attention.”

Inhaltlich ist das nicht falsch. Allerdings lässt sich ohne Weiteres argumentieren, dass es sich auch bei diesem Design-Prinzip (“Gib dem Spieler alle 10 Minuten etwas Neues zu tun!”) um einen ebenjener psychologischen Tricks handelt, die Brown zuvor noch kritisiert hatte.

Menschen mögen Neuartiges – in gefahrlosen Szenarien – grundsätzlich, denn sie suchen darin stets das Potenzial für großartige Erfahrungen (“Novelty and the Brain”). Spiele, die von andauernder Neuartigkeit und zusätzlichem Content getrieben sind, gaukeln ihren Spielern eine deutlich größere Tiefe vor als sie tatsächlich aufweisen.

Die Entwickler von Naughty Dog wissen, dass die spielerische Tiefe ihres Vorzeige-Titels stark begrenzt ist. Wird das Gehirn jedoch alle paar Minuten mit neuen Eindrücken überschüttet, bleibt keine Zeit zur Reflektion. Spieler können gar nicht realisieren, wie geistlos die Shooter-, Kletter- und Puzzle-Passagen für sich genommen sind. Der konstante Strom seichten Amüsements hält sie gefangen.

Natürlich stellen auch durch ihr Regelwerk getragene Spiele wie The Witness oder StarCraft den Spieler immer wieder vor neue Herausforderungen. Alles andere würde in kürzester Zeit in pure Langeweile ausarten. Allerdings bewegt sich die Neuartigkeit hier in einem bestimmten Rahmen. Es werden nicht ständig neue Gameplay-Schubladen aufgezogen. Die individuellen Herausforderungen sind Teil eines großen Ganzen, dessen Tiefe der Spieler durch die Bewältigung jeder einzelnen Situation lernt, zu erfassen.

Letztlich sind es zwei völlig unterschiedliche Ansätze: Asset-Tourismus im Themenpark oder langfristige Tiefe und Herausforderung. Beide erzeugen ihre eigene Form von Spielspaß. Doch wenn eine so tut, als wäre sie die andere, werden effektiv Spieler aufs Glatteis geführt. Und das kann man zumindest hinterfragen.

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