Abraum

May 29, 2014

Artikel: “Watch Dogs: Erfolgreichster Launch in der Ubisoft-Geschichte”

Ein Kommentar: “Die BILD ist die erfolgreichste Tageszeitung Europas.”

Sehr richtig. Audiovisuelles Spektakel behält – trotz fragwĂĽrdiger Qualität – die Oberhand in Sachen Popularität. Es wird ganz unmittelbar der Befriedigungsschalter im Gehirn betätigt. Diese oberflächliche Ebene der direkt wahrnehmbaren Genugtuung reicht in dieser Gesellschaft vielen schon aus. Wirklich gutes und tiefes Gameplay beziehungsweise ein Verständnis desselben mĂĽsste sich hingegen erst erarbeitet werden.

Mit Film, Musik und jeder anderen Kunstform ist es nicht anders: Wer seinem Leben in irgendeiner Form an Wert hinzufĂĽgen möchte, der muss eben “tiefer graben”. Von nichts kommt nichts.

In diesem Sinne:

Wir graben unter Tage,
denn wir haben mit der Welt dort oben nichts gemein.
Im Schacht unter Tage,
denn wir suchen nach der Wahrheit in Lehm und Stein.
 
Doch es ist nicht alles Gold, was glänzt!
Und leider ist nicht alles tief, was schwarz ist – Nein!
 
[…]
 
Und so manches Schwarz gibt vor, tief zu sein.
Doch setzen wir den Bohrer an, treffen wir auf schnöden Stein!
 
[…]
 
Immer weiter, immer tiefer – Abraum!
 

(aus: “Untertage”  von Stillste Stund)


Watch_Dogs: RPS schreibt Klartext

May 27, 2014

Heute erscheint mit Watch_Dogs das wohl meiĂźterwartete AAA-Game des Jahres. Der Hypeaufbau bis zum heutigen Tag war unermesslich. StĂĽndlich wurden neue Informationen und Videoschnipsel “geleakt”. Selbstverständlich dominiert der Titel bereits seit Längerem die (Vor-)Verkaufscharts bei Steam. Nun darf die Presse also rezensieren.

Graham Smith von Rock, Paper, Shotgun findet dabei erstaunlich klare und ehrliche Worte. Schon der erste Absatz seines Reviews ist ein wahres Feuerwerk der kritischen Analogien, mit denen er nicht nur Ubisofts neuste “Offenbarung” abwatscht, sondern 90 % aller sogenannten “Sandbox-Spiele” gleich mit:

Eines Tages wirst du dir eine groĂźe Packung mit mehreren kleinen TĂĽten unterschiedlicher Sorten Kartoffelchips kaufen. Vielleicht, weil du auf eine Party gehst, vielleicht weil du Geld sparen musst. Die enthaltenen Geschmacksrichtungen werden dich nicht sonderlich ansprechen, jeder Bissen wird sich ein wenig zu weich und nicht wirklich frisch anfĂĽhlen und die einzelnen TĂĽtchen werden zu 90 % aus Luft bestehen, aber immerhin wirst du Trost darin finden, eine groĂźe Auswahl zu haben.

Willkommen bei Watch_Dogs, dem neusten Videospiel von Ubisoft.

Großartig, nicht wahr? Nach einigen Absätzen der Spielbeschreibung kommt das Fazit aber mindestens genauso gut:

Die Stadt ist wunderschön. Ich genieĂźe, Zeit in der offenen Welt zu verbringen. Die Architektur, die Details, die Musik im Radio, die nachgebauten StraĂźen, die Windeffekte, der Verkehr, die FuĂźgänger… all diese Kunst. Ist das nicht die magische 90-%-Wertung? Ist Watch-Unterstrich-Dogs zu teuer, um es zu hassen?

Dann erinnerte ich mich. Diese Dinge machen kein Spiel aus. Das Spiel besteht aus einer hakeligen Steuerung, die mich regelmäßig desaströse Dinge tun lässt, die ich gar nicht tun wollte; aus inkonsistentem interaktiven Welt-Design; aus einem Deckungssystem, das mich an Dekorationen hängen bleiben lässt oder falsch rät, wohin ich mich bewegen will. Das Spiel besteht aus “insta-fail”-Schleichmissionen, Wellenverteidigungs-Missionen, Begleitschutzmissionen, Missionen, in denen die Dialoge und die Ziele nicht zueinander passen. Das Spiel stĂĽrzte fĂĽnfmal ab, zweimal davon musste ich sogar neu booten, bevor es wieder lief. Das Spiel ist restriktiv und nutzt die Möglichkeiten der offenen Stadt und der Hacking-Mechanik nicht aus. Checkpoints zwingen mich dazu, mir Zwischensequenzen mehrfach anzusehen oder Routine-Sequenzen nach jedem Tod zu wiederholen.

ScheiĂź-Unterstrich-drauf!

In diesem Sinne: Vielen Dank, Herr Smith, fĂĽr einen weiteren Schritt in die richtige Richtung. Es wird Zeit, dass die breite(!) Ă–ffentlichkeit versteht, was Spiele ausmacht. Wie die Rezension korrekt feststellt, ist das definitiv nicht audiovisuelles Spektakel, sondern bedeutsame, tiefe und flĂĽssige Interaktion. Soviel zu “Next Gen”.