Pflichtprogramm: Hearts and Minds

November 20, 2017

Ein Hinweis auf ein Ă€lteres Kleinod aus aktuellem Anlass: Vor wenigen Tagen wurde auf dem YouTube-Kanal der GDC ein Vortrag von Frank Lantz aus dem Jahr 2014 erneut hochgeladen: “Hearts and Minds”.

Auch wenn der Vortrag sich keinen konkreten, “harten” Game-Design-Problemen widmet, begleitet mich seine zentrale Idee dennoch seit Jahren: Spielen als Sichtbarmachung des Denkens (“thought made visible to itself”).

Spielen bedeutet nicht nur, zu lernen, sondern auch ĂŒber das Lernen an sich zu lernen. Wir werden Zeuge unserer eigenen Gedanken und davon, wie sie sich immer wieder zu einem höheren VerstĂ€ndnis komplexer Problemstellungen zusammensetzen.

Wir interagieren, suchen Lösungen, scheitern, werden kreativ, passen unser Modell der Welt immer wieder entsprechend an und werden besser. Auf diese Weise bringen uns Spiele unserem Geist nÀher als kaum etwas anderes.

Darin besteht fĂŒr mich letztlich die Faszination des Mediums. Das ist es, wonach ich in Spielen suche und in deren Design strebe.

Unbedingt anschauen!


Muss Gameplay fordern?

February 25, 2016

DSHeaderc

Einige Spiele brĂŒsten sich heutzutage in ihren Pressetexten mit einem hohen Schwierigkeitsgrad. So bewirbt beispielsweise Subset Games seinen Indie-Hit FTL mit der “stĂ€ndigen Bedrohung durch die Niederlage”. Cellar Door Games behauptet von seinem Plattformer Rogue Legacy: “Dieses Spiel ist SCHWER!”. Auch das Vorzeige-Action-RPG Dark Souls sei “extrem tiefsinnig, finster und schwer”. Bei The Impossible Game ist sogar gleich der Name Programm. Die Werbetauglichkeit dieser auf den ersten Blick durchaus abschreckend wirkenden Aussagen liegt nicht nur im unter sogenannten “Hardcore-Spielern” weit verbreiteten Elitarismus begrĂŒndet, sondern deutet darĂŒber hinaus darauf hin, dass die betreffenden Entwickler ein Kernelement ihres Mediums korrekt identifiziert haben, das in der modernen Spielelandschaft beinahe in völlige Vergessenheit geraten ist: forderndes Gameplay.

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Ludomedia #17

October 12, 2015

Ludomedia

Lesens-, hörens- und sehenswerte FundstĂŒcke aus der Welt der Spiele.

Aktuelles

Brandon Rym DeCoster & Scott Rubin: Sports are Games

  • “Some eSports aren’t sports!”

Clint Miller: Your Game Has More Rules Than You Think

  • “Every new card is a new rule. Every new rule moves you further away from elegance. A less elegant game is harder to balance and difficult to learn.”

Jair McBain: What design lessons can we learn from Crossy Road?

  • “Put plainly, Crossy Road makes use of brilliant design practice bundled into one experience where it can shine.”

Keith Burgun: My League of Legends Suggestions

  • “It seems like maybe Riot thinks “the important thing” is getting the last hit, when actually the important thing was being in that space choosing to do that thing and controlling the space long enough to get it done.”

Tevis Thompson: The Existential Art

  • “Even in their lightest moments, videogames offer no escape from reality. For what escape can be had? There’s no escaping life, no escaping ourselves, no escaping the end that is coming for us. But if videogames cannot offer an escape from reality, what they can offer is an escape further into reality. Into the reality of striving and failure, of mastery and mystery, of lives and ends.  Into the reality of ourselves. How far are you willing to go?”

 


Ludomedia #7

October 28, 2014

Ludomedia

Lesens-, hörens- und sehenswerte FundstĂŒcke aus der Welt der Spiele.

Aktuelles

Game Design Friday: Gunpoint

  • Ludite Sam spielt im Rahmen seines wöchentlichen Game-Design-Kommentars den Stealth-Puzzler Gunpoint durch und stĂ¶ĂŸt dabei auf einige interessante Aspekte. Selten fĂŒhrte sich ein Spiel derart klar selbst ad absurdum. Das offensichtlichste Beispiel: Gute AnsĂ€tze, wie das in Puzzles jeder Art immer sinnvolle unbegrenzte und beliebige “Undo”-Feature, werden wenig spĂ€ter durch eine Unverwundbarkeitsweste zunichte gemacht. Sehenswert!

Go in the New World

  • Frank Lantz geht in seinem Vortrag auf die Gemeinsamkeiten zwischen Go, Fußball und zahlreichen modernen E-Sport-Spielen ein. Sie alle seien primĂ€r auf das kreative Denken und die langfristige kompetitive beziehungsweise strategische Robustheit ausgerichtet. Zuletzt wird sogar ĂŒber die Möglichkeit spekuliert, Go auf ebenso großen WettbewerbsbĂŒhnen wie beispielsweise League of Legends zu inszenieren.

If you’re Playing Games, you’re Already Training your Brain

  • Yannis Patras erlĂ€utert, warum Spiele effektiv unser Gehirn trainieren. Leider kratzt der Mini-Artikel dabei nur an der OberflĂ€che und lĂ€sst sich auf einige fragwĂŒrdige Äußerungen ein. So sei beispielsweise unter anderem eine “Storyline” in der Lage, Spielen tausende Stunden an Wiederspielwert zu verleihen, wo doch in Wirklichkeit genau das Gegenteil der Fall ist. Dennoch ist die schon im Titel enthaltene Grundthese vollkommen korrekt und relevant.

Randomness and Game Design

  • Keith Burgun erlĂ€utert, warum Strategiespiele deterministisch ablaufen und auf Ausgabe-Zufall verzichten sollten. Er zieht dazu neben dem jedem Gameplay innewohnenden Lernzyklus und der VerfĂ€lschung des Feedback-Schritts durch GlĂŒcksabhĂ€ngigkeit auch die Idee der “effektiven KomplexitĂ€t” heran: In deterministischen Spielen wirkt sich jede Aktion der Spieler kausal – und nicht bloß chronologisch – auf die nĂ€chste und damit auf den aktuellen Spielzustand aus. Somit kann die maximale Anzahl einzigartiger SpielverlĂ€ufe entstehen, wĂ€hrend in zufallslastigen Spielen viele Ereignisse vom Chaos bestimmt sind und daher gar keine Strategie um diese herum aufgebaut werden kann.

Ubisoft’s double bill of delusion

  • John Bain stellt klar, dass Ubisofts BefĂŒrwortung von 30 statt 60 Frames pro Sekunde (Stichwort: “cinematic feel”) nichts als Marketing ist. Spiele sind keine Filme. Der Spieler nimmt direkt Einfluss auf die angezeigten Komponenten. Daher spielen sich 60 FPS immer und objektiv besser als 30. VerrĂŒckte Idee: Vielleicht sollte es bei Spielen eher um SpielgefĂŒhl als FilmgefĂŒhl gehen?

Aus dem Archiv

Innovation in game design

  • Richard Bartle, Mit-Autor des allerersten Multi-User-Dungeons (MUD), geht in seinem fast zweistĂŒndigen Vortrag gleich auf mehreere fundamentale Fragen ein: Was sind Spiele? Welche Eigenschaften zeichnen sie im Kern aus? Was ist Gameplay? Welche Rolle kommt in der Entstehung dem Game-Design zu? Woran erkennt man einen Game-Designer im Alltag? Dem Design schreibt er dann letztlich auch die primĂ€ren Innovationsmöglichkeiten in Spielen zu und stellt dabei interessante Vergleiche mit der Filmindustrie und anderen Sparten an.

In aller KĂŒrze

  • Keith Burgun zum Sinn der Idee des idealen Game-Designs: “Issue #1 is understanding good game design principles. That’s something that we all just need to do. Once we understand them, we’re free to break them – consciously – for a good reason.”

Ludomedia #5

September 15, 2014

Ludomedia

Lesens-, hörens- und sehenswerte FundstĂŒcke aus der Welt der Spiele.

Aktuelles

20 Fun Grid Facts (Hex Grids)

  • Herman Tulleken prĂ€sentiert 20 interessante und teilweise ziemlich wahnsinnige Fakten zur besten Spielfeld-Unterteilung.

Exhibiting Prismata

  • Elyot Grant berichtet ĂŒber die Vorstellung von Prismata auf der Fan Expo, die zuvor durch unglaublich dreiste Verfehlungen der PAX-Prime-Organisatoren erzwungen wurde.

Game Design Deep Dive: Movement in Road Not Taken

  • Daniel Cook bestĂ€tigt anhand des neuen Titels seiner Spieleschmiede Spry Fox eine auf diesem Blog vor einigen Monaten bereits aufgestellte These: Auch bei rundenbasierten Spielen ist das SpielgefĂŒhl (“Game Feel”) von Bedeutung und lĂ€sst sich durch allerlei Kleinigkeiten besser oder schlechter umsetzen.

Notes on Destiny

  • Brendan Keogh stellt klar, dass der neue Multiplayer-Shooter-Hit Destiny von Ă€ußerst fragwĂŒrdigem kĂŒnstlerischem Wert ist.

What makes a game last a generation?

  • Raph Koster stellt die Frage, was große Spiele mit Langzeitwirkung wirklich ausmacht. Seine Kriterien: Enorme Spieltiefe, eine weitgehend abstrakte ReprĂ€sentation, ZugĂ€nglichkeit (und damit in Verindung mit besagter Tiefe auch Eleganz) und die nötige Portion GlĂŒck, um eine ausreichend breite initiale Bekanntheit zu erlangen. In dieser Hinsicht deutlich weniger brauchbar seien hingegen storybasierte und “durchspielbare” Titel.

Aus dem Archiv

Hearts and Minds

  • Frank Lantz sprach auf der Game Developers Conference ĂŒber die Idee, Spiele als “Sichtbarmachung des Denkens” zu begreifen. Spielen sei in diesem Kontext die unmitelbare Bewusstwerdung von Denken und Handeln: Interaktion um ihrer selbst willen, die nicht nach dem “Warum”, sondern nach dem “Wie” fragt. Dies sei der Kern der Kunstform Spiel; der Kunstform der instrumentellen, problemlösenden Vernunft. Das Ă€sthetische Potenzial derselben liege somit darin, es dem Spieler zu ermöglichen, an sich selbst einen Lernprozess zu beobachten und so das tief befriedigende GefĂŒhl geistigen Fortschritts rational zu begreifen.

Ein goldenes Zeitalter der Strategie?

September 9, 2014

FrankLantz

Auf der Game Developers Conference 2005 hielt Frank Lantz, Leiter des Game Centers der New York University und Game-Design-Vordenker, eine Wutrede ĂŒber den Irrglauben, dass die totale Simulation und Immersion der nĂ€chste glorreiche Schritt in der Zukunft des Game-Designs sei. Im Anschluss eine leicht gekĂŒrzte Übersetzung, gefolgt von einer Betrachtung der aktuellen Relevanz.

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Ludomedia #1

July 18, 2014

Ludomedia

Lesens-, hörens- und sehenswerte FundstĂŒcke aus der Welt der Spiele.

Aktuelles

10 Pieces of Hearthstone Design Wisdom

  • Eric Dodds, Lead-Designer von Hearthstone, prĂ€sentiert 10 Design-“Weisheiten”. Neben vernĂŒnftigen GrundsĂ€tzen wie “Leicht zu lernen, schwer zu meistern” und “Lernen macht Spaß!” gehören dazu auch eher vage Forderungen nach der UnterstĂŒtzung von “Spieler-Geschichten” und “emotionalem Design”.

Adventure Puzzlers Are Terrible Games

  • Goomba stellt fest, dass thematisch elaborierte Abenteuer-RĂ€tselspiele in den meisten FĂ€llen nicht durch interessantes Gameplay, sondern davon vollkommen losgelöste Faktoren glĂ€nzen.

Anti-Design Philosophies, Part 1: Quantity Design

  • Keith Burgun kritisiert die Philosophie “QuantitĂ€t vor QualitĂ€t”.

Counting Frames

  • Frank Lantz ergrĂŒndet das PhĂ€nomen der Kampfsportspiele. Wo kommen sie her? Was zeichnet sie aus? Warum kann es sich lohnen, sie zu studieren?

DuckTales: When Scoring Goes Worse

  • Ludite Sam weist im mittlerweile dritten Artikel auf seinem neuen Blog – anhand der merkwĂŒrdigerweise existierenden Punktzahl im NES-Klassiker DuckTales – auf fundamentale Unterschiede zwischen statischen Puzzles und dynamischen Strategiespielen hin und macht deutlich, wie wichtig es ist, stets eine klare und holistische Design-Idee zu verfolgen.

Aus dem Archiv

Towards Minimalist Game Design

  • Andy Nealen und Kollegen beschreiben ihre Idealvorstellung eines minimalistischen Designs und gehen dabei auch der Frage nach, was genau die “Spielmechanik” definiert und von den vollstĂ€ndigen Regeln unterscheidet.

Ein Weg nach vorn: Bedeutsame Interaktion

November 8, 2013

HLButton

Zu Beginn einer Vorlesungsreihe, die er 2007 an der UniversitĂ€t von Texas hielt, sprach Warren Spector (Ultima Underworld, System Shock, Deus Ex) ĂŒber seine Design-PrĂ€misse: Der Fortschritt des Mediums Spiel sei geknĂŒpft an das Erkennen und das Ausnutzen derjenigen Eigenschaften, die Spiele von allen anderen Medien unterscheiden. Diese Aussage scheint zunĂ€chst beinahe trivialerweise wahr zu sein. Gute Spiele mĂŒssen logischerweise genau das gut machen, was sie zu einem Spiel werden lĂ€sst. Dennoch lohnt es sich, an dieser Stelle ein wenig tiefer in die Materie einzusteigen und sich Gedanken darĂŒber zu machen, was denn nun eigentlich Spiele zu etwas Besonderem, zu einem in der Tat einzigartigen und an sich erforschenswerten Medium macht. Dieser Ansatz lĂ€uft schließlich auf die Frage hinaus, was auf fundamentaler Ebene hinter Spielen als “Ă€sthetische Form” (geprĂ€gt durch Frank Lantz, Leiter des Game Centers der New Yorker UniversitĂ€t) steckt und sie von anderen in diese Kategorie einzuordnenden Medien abhebt. Im Folgenden soll ein möglicher Ansatz zur Beantwortung dieser Frage prĂ€sentiert und zudem auf unter dieser PrĂ€misse möglicherweise aufkommende Gefahren eingegangen werden.

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No-Brainer und Brain-Burner

July 3, 2013

Im Folgenden ein kleiner Ausflug in die Welt der “No-Brainer” und “Brain-Burner”, die zunĂ€chst definiert und anschließend anhand diverser Beispiele in Beziehung zueinander gesetzt werden. Zwar stehen beide nicht im eindimensionalen Gegensatz zueinander, jedoch lassen sich hĂ€ufig spezifische Formen von ZusammenhĂ€ngen erkennen.

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